Wässern
A. Merkel (1999)
Jeder, der selbst intensiv Sport treibt, weiß, wie wichtig eine
ausreichende Flüssigkeitsaufnahme ist. Dies gilt natürlich ebenso
für die Hunde. Bei einem kurzen Wagenrennen wird man vielleicht ohne
Wässern noch durchkommen, spätestens im Schnee werden die Hunde
nach kurzer Zeit massiv mit Schnee fressen beginnen. Doch leider hat nicht
jeder Hund die Einsicht, einen Liter dünne Suppe vor dem Rennen zu
trinken!
Deshalb lautet zunächst die wichtigste Frage:
Wie bekomme ich es in meinen Hund hinein?
Glücklich, wer Hunde hat, die selbst Futterschüsseln mit klarem
Wasser leertrinken, in der Hoffnunf das Futter wird schon am Boden irgendwo
sein. Leider sind nicht alle Hunde so, und je höher die Ansprüche
werden (Rennstreß, lange Distanzen, Lead laufen, aufgeregter Musher...),
desto eher kann es passieren, daß ein Hund seine Suppe verweigert.
Idealerweise wässert man das ganze Jahr jeden Morgen. Die Suppe wird
für die Hunde zur Routine und nicht mit besonders aufregenden und
stressigen Situationen wie Rennen verknüpft. Der Wasserhaushalt ist
immer optimal und im Winter braucht man sich nicht allzuviel Gedanken
machen, wenn die Wasserschüsseln im Zwinger zufrieren, die warme
Suppe bekommt den Hunden eh besser als eiskaltes Wasser (fördert
u.U. Halsentzündung!). Ganz schlecht ist es, nur auf Rennen zu wässern,
da es dann "um etwas geht" und im Training "die Zeit nicht
reicht" oder anderes. Ungewässert trainieren wir nie, die Gefahr
daß ein Hund überhitzt potenziert sich und auch sonst tut es
ihnen in keiner Weise gut. Außerdem möchte ich keinen "Sauhaufen"
fahren, der an jeder Pfütze zum trinken anhält!
Das Wässern beginnt schon beim Welpen. Zunächst bekommt er drei
Mahlzeiten, dann fällt die Mittags weg. Je älter er wird, desto
dünner wird das Frühstück, bis es eben nur noch Suppe ist.
Wird die morgendliche Portion nicht leer getrunken, reduziert man die
Hauptmahlzeit etwas, bis wieder genug Appetit da ist.
Ähnlich kann man bei erwachsenen Hunden vorgehen, die kein Wässerwasser
aufnehmen wollen, dies sollte aber im Sommer bereits geübt werden
und nicht mitten im härtesten Training!
Wenn die Suppe morgens stehen bleibt gibt es abends wieder nur Suppe.
Wird sie getrunken gibt es hinterher das normale Futter mit nur wenig
Wasser. Bleibt sie wieder stehen bleibt die Küche kalt. Am nächsten
Morgen wieder das gleiche Spiel, meist wird der Hund jetzt schon trinken,
wenn nicht verfährt man wie oben weiter bis er es tut. Zur Beruhigung:
kein Husky hungert sich freiwillig zu Tode, irgendwann wird er sicher
Trinken (Erkrankungen müssen natürlich ausgeschlossen sein!).
Diese Methode ist nur für konsequente Suppenkasper gedacht, ein Hund
der normalerweise trinkt und dies nicht mehr tut hat meist andere Gründe.
Bei einem Hund, der meistens gut trinkt und langsam mäkelig wird
kann es sich lohnen, das Gewicht zu überprüfen. Mitunter ist
er einfach zu fett und auf die "dünnen Kalorien" nicht
mehr angewiesen. Bei einem guten Trinker, der schlagartig die Suppe verweigert,
kann eine Erkrankung dahinterstecken, dies sollte abgeklärt werden,
im Zweifelsfalle den Hund besser nicht einspannen. Auch bei einer Durchfallinfektion
ist das Trinken der Suppe das Kriterium, ob der Hund läuft oder nicht.
Damit er eingesetzt werden kann, muß auch der Urin vor dem Rennen
annähernd farblos sein (bei starkem Durchfall kann auch der Liter
aus dem Wässern ganz schnell "durchrauschen" ohne dem Hund
zur Verfügung zu stehen. Auch dann sollte er besser daheim bleiben.)
Die Farbe des Urins ist ein hervorragender Indikator, wie gut der Hund
hydriert (=gewässert) ist.
Das "alltägliche" Wässerwasser muß gar nicht
besonders schmackhaft sein. Wenn ein Hund ´mal mäkelt und nicht
alles leer trinkt ist das auch kein Grund zur Panik. Die wirklich leckeren
Sachen sollte man sich für das Rennen aufheben, damit man noch etwas
in der Hinterhand hat, wenn es ernst wird.
Füttert man nur Trockenfutter, reicht dies auch zum Wässern
aus. Wenn man keine allzu großen Mengen Fleisch füttert, kann
man sie über die Suppe geben und abends nur noch Trockenfutter mit
Wasser (und gegebenenfalls Vitamine etc.). Für den Hund ist morgens
dann die Motivation: "Mmh, Fleisch, zwar etwas dünn aber lecker!",
abends: "Zwar etwas fad, aber dafür wenigstens ordentlich Kalorien!".
Wenn es morgens Fleisch zum Wässern gibt und abends nochmal im Futter
spart sich mancher Hund gerne die dünne Suppe morgens, abends schmeckt´s
ja viel besser!
Auf dem Rennen ist wieder vieles anders. Nicht nur Menschen schlägt
Streß auf den Magen, auch Hunde die normalerweise gut Trinken können
plötzlich mäkelig werden. Besonders oft findet sich das bei
Leithunden. Allgemeine Maßnahmen sind: möglichst viel Rennen
(Trainingstreffen etc.) fahren damit Routine einkehrt, Streß (Zuschauer,
Lärm...) von den Hunden fernhalten (z.B. indem man in den Boxen wässert),
und natürlich auch sich selbst hinterfragen. Wenn das eigene Frühstück
vor lauter Aufregung schon ausfiel ist es vielleicht sinnvoller, der Partner
kümmert sich ums wässern?
Aber jetzt noch einige Ideen, das Wasser schmackhafter zu machen:
Thunfisch, Dosenfutter, Pansen, Milch (nur geringe Mengen, kann sonst
Durchfall geben), Sahne, falls normalerweise rohes Fleisch gegeben wird
dieses aufkochen, Leberwurst... .
Übrigens, es gibt auch hochintelligente Hunde, die schnell merken
daß der Mensch auf Rennen zu allen möglichen Konzessionen bereit
ist. Dieser auffordernde Blick "na, hat die Küche denn heute
nichts besseres zu bieten?" in der Vorstarthektik kann einen schon
zur Weißglut treiben. Gerade bei Sprintrennen kann man sich überlegen,
ob man die abendliche Futterration um ein Drittel kürzt, bei ein
oder zweimal hat dies noch keinen nachteiligen Einfluß auf die Leistung
(bei einem Dreitagesrennen wäre ich da schon sehr vorsichtig!).
Andere intelligente Hunde stellen fest, daß man die Brocken wunderbar
herausfiltern kann, wenn man die ganze Suppe in den Schnee kippt. Abhilfe
schaffen hier z.B. kippsichere Schüsseln.
Gehen wir davon aus, der wichtigste Schritt ist geschafft: Der Hund trinkt.
Nun stellt sich nur noch die Frage nach dem
Wann und wieviel
Im Training ist das ganz einfach: Hauptsache gewässert! Muß
man direkt vor dem Laufen wässern (30 Minuten und weniger) reichen
ein halber bis ein dreiviertel Liter. Liegt etwas mehr Zeit dazwischen
darf es gern ein ganzer Liter sein. In der Regel trainieren wir 3 Teams,
alle Hunde werden vor Trainingsbeginn in die Boxen gepackt und zusammen
gewässert. Bis das erste Team eingespannt wird vergeht circa eine
halbe Stunde. Das zweite Team läuft etwas über eine Stunde nach
dem Wässern; in der Regel ist es etwas besser als das erste, das
Wasser ist dann optimal in den Körper aufgenommen und schwappt nicht
mehr im Magen herum. Das dritte Team läuft mehr als zwei Stunden
nach dem Wässern, sie zeigen teilweise bereits unterwegs wieder Durst.
Aus dieser Erfahrung heraus hat sich bei Sprintrennen folgendes Schema
bewährt: gewässert wird mindestens 1 Stunde, höchstens
anderthalb Stunden vor dem Start ein Liter. Sehr kleine bzw. sehr große
Hunde bekommen etwas weniger/mehr. Im Schnee bekommen die Hunde je nach
Startzeiten (vor allem bei Starts am späten Vormittag bzw. nachmittags)
morgens alle noch einen halben Liter. Schwierige Hunde bekommen nur die
eigentliche "Rennsuppe", da wir die Erfahrung gemacht haben,
daß sie, wenn sie schon die morgendliche Suppe "hinuntergewürgt"
haben, bei der eigentlich wichtigen Portion streiken.
Bei Renndistanzen über 40 Minuten und mehr wird wieder etwas anders
gewässert, der erste Liter wird anderthalb bis 2 Stunden vor dem
Start gegeben, da die Hunde bei dem kürzeren Schema sonst unterwegs
nochmals pinkeln müssen. Direkt vor dem Start gibt es dann nochmals
ca. einen viertel Liter zum "Direktverbrauch". Den kann man
auch bei dem kürzeren Schema geben, wenn es sehr warm ist oder ein
spezieller Hund zum Schnee fressen neigt. Ein viertel Liter macht beim
Laufen keine Probleme und wird in dem Maße in den Körper aufgenommen,
wie Flüssigkeit abgehechelt wird.
Im Sprint ist die Suppe nur zur Wasseraufnahme da, das heißt sie
ist so dünn wie möglich. Im Distanzbereich ist der Kalorienverbrauch
deutlich höher, mit einer Mahlzeit am Tag kann er nicht mehr gedeckt
werden. Hier ist die Suppe dann auch reichhaltiger und das Schema wieder
etwas anders.
Auf dem Alpentrail hat es sich bewährt, die Hunde 3,5 und 1,5 Stunden
vor dem Start mit je einem Liter zu wässern. Zusätzlich bekamen
sie abends nochmals 0,5 Liter. Die relativ langen Distanzen und die sehr
trockene Luft machten das notwendig. Zudem war die Suppe auch etwas dicker
als im Sprintbereich, so daß über den Tag verteilt noch einige
Extra-Kalorien zugeführt wurden.

Nach dem Laufen
Die Flüssigkeitsaufnahme nach dem Laufen ist kaum weniger wichtig,
je schneller die Depots wieder aufgefüllt werden, desto besser kann
der Hund regenerieren. Je nach Streckenlänge und äußeren
Bedingungen (z.B. sehr kalt und trocken = hoher Bedarf) erhalten die Hunde
einen halben bis dreiviertel Liter Suppe. Darauf achten, daß sie
inzwischen nicht eiskalt geworden ist, das bekommt auch Hundemägen
nicht. Das sie zum normalen Wässern gut handwarm sein sollte, braucht
wohl nicht extra erwähnt werden, nach dem Laufen kann sie auch etwas
kälter sein (den Hunden ist dann eh warm genug) aber eben nicht eisig.
Manche Hunde verweigern die Suppe, trinken aber gierig klares Wasser.
Als Sportler kann man das gut nachvollziehen, wenn man selbst bis an die
Grenze gegangen ist hat der Magen mitunter keinerlei Interesse an etwas
nahrhaftem. Sie können ruhig Wasser bekommen (bitte auch nicht eisig,
Raum- bzw. Wohnwagentemperatur sollte es schon sein). Diese Hunde sind
aber nach unserer Erfahrung in der Minderzahl, der überwiegende Teil
freut sich auf seine Suppe und die meisten Hunde trinken mehr, als sie
es bei klarem Wasser tun würden. Zudem fördert eine erste "Kalorienspritze"
direkt nach dem Laufen die Regeneration.
Dann gibt es noch die
Geheimtipps
Bei permanenten Schneefressern wird z.B. empfohlen, etwas Zitronensaft
auf die Zunge zu träufeln. Es mag etwas Wirkung zeigen, zunächst
einmal sollte man aber versuchen, kurz vor dem Laufen noch etwas Wasser
in den Hund zu bekommen. Erst wenn das auch nichts nützt, ist Zitronensaft
angesagt. Übrigens zeigen auch Hunde mit Schilddrüsenunterfunktion
häufig ausgeprägtes Schneefressen, ein Test wäre zu überlegen,
zumal die Störung durch Zuführung des Hormons sehr leicht zu
beheben ist.
Zum Teil wird empfohlen, dem Wasser etwas Natriumhydrogencarbonat beizumischen.
Natriumhydrogencarbonat bindet Magensäure und soll dadurch einem
Übersäuern/Überhitzen des Hundes engegenwirken, ihn sozusagen
abpuffern. Unsere Erfahrungen waren weniger positiv, allerdings sollte
man so etwas natürlich nicht auf Rennen ausprobieren. Nach Empfehlung
bekamen die Hunde alle 1 Teelöffel ins Wasser. Es war recht warm.
Der Start wurde um 30 Minuten verschoben weil noch etwas an der Strecke
zu richten war. Die Hunde bekamen daraufhin noch eine kleine Menge Wasser
vor dem Start. Bereits nach 3 km fing das offene Team mit dem Schnee fressen
an, auch Hunde die sonst in dieser Hinsicht nie Probleme machten. Die
Erklärung ist bei Kenntnis physiologischer Vorgänge recht einfach:
eine hohe Natriumkonzentration im Blut führt zum Durstgefühl,
ob das Natrium aus Natriumchlorid (Kochsalz) im Schinken kommt oder aus
Natriumhydrogencarbonat ist dazu unerheblich. Vermutlich war die Dosierung
zu hoch oder es hätte deutliche mehr Wasser gegeben werden müssen
oder zu einem anderen Zeitpunkt... .
Wir haben dann in dieser Hinsicht nicht weiter experimentiert. Der beste
Schutz vor überhitzten Hunden ist übrigens ein gutes Grundlagentraining
und temperaturangepaßtes Fahren, auch wenn dies vielleicht bedeutet
ein paar Plätze weiter hinten zu landen. Die Hunde danken es!
|
|